18. Oktober 2021, gepostet in PsychologischesSelbstgespräche: Sich einfach selber coachen

Viele von uns wünschen sich jemanden, der liebevoll, wertschätzend und ermutigend mit uns spricht. Hier die gute Nachricht: Der Mensch, der dir das jederzeit geben kann, ist direkt anwesend – du bist es selbst. Du selbst kannst in jeder Situation so mit dir sprechen, wie du dir es sich von anderen wünschst. Selbstgespräche sind normal und gleich auf mehreren Ebenen nützlich – und sie tragen dazu bei, unser Leben positiv zu gestalten.

Selbstgespräche: Gedanken und Gefühle ordnen

Hast du schon einmal Kindern beim Spielen zugeschaut? Viele Zwei-bis Vierjährige kommentieren laut ihre Handlungen, sprechen mit ihren Spielfiguren und planen deren nächste Aktionen. Das hilft ihnen, sich zu konzentrieren, ihre Gedanken zu ordnen und Probleme zu lösen. Eine aufmerksame Zuhörerin kann aus den laut geführten Selbstgesprächen einiges darüber ableiten, wie das Kind von anderen Kindern oder Erwachsenen angesprochen wird, ob es oft kritisiert wird oder häufig Zuspruch erhält.

Drei- bis Fünfjährige bereden abends mit sich selbst die Erlebnisse des Tages, so in einem Artikel auf kindererziehung.com zu lesen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Selbstgespräche die Entwicklung des kindlichen Gehirns fördern und den Kinder helfen, Probleme zu lösen.

Kleine Kinder führen oft Selbstgespräche beim Spielen oder abends vor dem Einschlafen. Das fördert die Entwicklung des kindlichen Gehirns.
„Und jetzt kommt noch ein Seestern.“ Selbstgespräche beim Spielen fördern die Entwicklung der Zwei-bis Vierjährigen.

Ab dem Vorschulalter lernen die Kinder, ihre Gedanken für sich zu behalten. Nun finden die Selbstgespräche  nur noch in Gedanken statt. Das bleibt bei den meisten Menschen so bis ins Erwachsenenalter*.

Selbstgespräche: Bitte recht freundlich

In einer Beratung stellt sich manchmal heraus, dass eine Klientin oder ein Klient mit sich selbst so spricht, wie mit ihr oder ihm früher gesprochen wurde:

„Das hast du ja wieder fein hinbekommen.“
„Das hättest du aber besser gekonnt.“
„Streng dich mehr an, sonst wird das nie was.“

Diese strengen Monologe laufen meist unbemerkt ab, sie gehen unter in den 60.000 Gedanken, die täglich durch unseren Kopf rauschen – die meisten davon kritisch und nur halb bewusst. Der größte Anteil unserer Gedanken – immerhin 97 Prozent – besteht aus Wiederholungen, sagt die Trainerin Antje Heimsoeth im Interview mit Zeit online.

In unseren Selbstgesprächen wiederholen wir Wertungen, Aufforderungen, Redewendungen – meist die strengen, kritischen, häufig solche, die die wir aus der Kindheit kennen. Das hat verschiedene Auswirkungen:

  • Wir sind auf unsere Fehler fokussiert.
  • Wir haben fast ständig das Gefühl, die Dinge nicht gut genug zu tun. Das versetzt uns in Anspannung.
  • Wir gehen davon aus, dass andere so kritisch über uns denken, wie wir selbst uns sehen. Das macht befangen.
  • Wir sprechen mit anderen Menschen so, wie wir mit uns selbst sprechen: Zum Beispiel sagen wir: „Du musst…“ oder „Reiß dich zusammen.“ Das kann die Kommunikation belasten.

Es ist also Zeit für eine Veränderung.

Selbstgespräche neu formulieren

Um die Kritiker des „positiven Denkens“ gleich zu beruhigen: Hier geht es nicht um das Vertuschen von Fehlern oder um ständige Selbstbeweihräucherung. Vielmehr sollten wir uns daran erinnern, dass Angst und Anspannung Veränderungen blockieren, während Zuspruch und Feedback förderlich auf alle Aktivitäten wirken.

Selbstgespräche positiv führen. Sich selbst beruhigen. Gelassen bleiben.
Sich selbst gut zureden kann die Gefühle beruhigen und die Gedanken ordnen.

Dabei gilt in allen Situationen:

Formuliere deine Aussage positiv. Also nicht „Das war nicht schlecht“, sondern: „Gut gemacht.“
Formuliere konkret: Statt „Immer machst du diesen dummen Fehler“, besser: „Das machst du beim nächsten Mal anders.“

Selbstgespräche: 5 praktische Tipps

1 • Stress ist unangenehm – ob im Straßenverkehr oder beim Öffnen von Behördenpost. Ruhiges Atmen reicht nicht immer aus. Reden Sie sich gut zu: „Bleib ganz ruhig, das schaffst du schon.“ Dieses Signal kann den Körper entspannen und das Denken auf eine mögliche Lösung ausrichten.

2 • Oft müssen wir uns Abläufe einprägen, ob in der Fahrschule, beim Tanzen oder beim Umgang mit dem neuen Computer. Sprich die einzelnen Schritte laut aus. Durch das gleichzeitige Denken, Sprechen und Hören werden die Inhalte schneller in Ihrem Gedächtnis verankert.

3 • Wenn eine knifflige Aufgabe oder ein kreatives Projekt vor Ihnen liegt, nutze diesen Trick: Sprich die Fragen und mögliche Antworten laut aus. Damit regst du dein Denken und deine Kreativität an.

Seifenblasen steigen über gelben Margeriten auf. Selbstgespräche können Ideen freisetzen.
Mit Selbstgesprächen kreativ: Wie Seifenblasen steigen schillernde Ideen auf.

4 • Du befindest dich gerade in einer Ausbildung oder im Studium oder übernimmst eine neue berufliche Aufgabe? Dann formuliere nicht die Zweifel, sondern gib dir selbst Zuspruch: „Das schaffe ich, das hat beim letzten Mal auch geklappt!“ Oder „Ich bin gut vorbereitet und bin der Aufgabe gewachsen.“
Solche positiven Verstärkungen verbinden dich mit deinem Potential. Dein Gehirn entwickelt Bilder vom positiven Ausgang, diese wiederum erhöhen die Chance, dass dir die Aufgabe wirklich gelingt.

5 • Der folgende Tipp wird manchen vielleicht befremdlich erscheinen: Sprich dich selbst mit deinem Namen an: „Susanne schafft das.“ „Andreas kriegt das hin.“ Teste einmal diesen Perspektivwechsel – vielleicht wirst du den Wissenschaftlern der Michigan State University zustimmen, die diesem kleinen Trick hervorragende Wirkung zuschreiben, so auf der Seite heilpraxis.net zu lesen.

Zusatz-Tipp zu Selbstgesprächen: Wenn du dich bei einem negativen Selbstgespräch ertappst, formuliere diese Passage sofort so um, wie du es dir von einem guten Freund oder deiner Kollegin wünschen würdest.

Du möchtest lernen, mit dir selbst konstruktiver, motivierender und liebevoller zu sprechen? Dann gönne dir doch ein Lichtgespräch zum Thema.

Wenn du interessiert bist an weiteren wirksamen Tools zur Selbsthilfe, dann könnten die Dankbarkeitspraxis oder die Praxis der Akzeptanz genau richtig sein für dich sein.


*Selbstgespräche sind normal, wenn wir steuern können, ob wir sie laut oder in Gedanken führen, wenn wir erkennen, dass wir selbst der Dialogpartner sind und nicht andere Personen oder Wesenheiten. Wenn Menschen unkontrollierte Redeflüsse abgeben, in der Öffentlichkeit laut mit sich selbst oder einem imaginären Gegenüber sprechen oder anhaltend vor sich hin schimpfen, dann könnten das Anzeichen einer psychischer Störung sein. Als Betroffener oder Angehöriger kannst du dich in diesem Fall an deinen Hausarzt wenden. Oder du rufst zunächst anonym bei einer kostenlosen Notfall-Nummer an, wo man dir hilft, einen psychiatrisch geschulten Ansprechpartner zu finden.


 

 


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